BGer 5A_574/2023 vom 28. Februar 2024: Bauhandwerkerpfandrecht im Stockwerkeigentum – hohe Hürden an den Fristnachweis

Im Urteil 5A_574/2023 vom 28. Februar 2024 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob ein Bauhandwerkerpfandrecht auf einer Stockwerkeigentumseinheit definitiv eingetragen werden kann, wenn mehrere Einzelaufträge vorlagen. Streitpunkt war insbesondere der Nachweis der rechtzeitigen Ausführung der Arbeiten – und damit die Einhaltung der Viermonatsfrist gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende A. GmbH, eine auf Innenausbau spezialisierte Schreinerei, führte diverse Schreinerarbeiten an einer Eigentumswohnung der Beschwerdegegnerin B. aus. Diese Wohnung befand sich in einer in Stockwerkeigentum aufgeteilten Liegenschaft in der Gemeinde U. Beauftragt wurden die Arbeiten über verschiedene Kanäle – teilweise direkt durch die Bauleitung (G. GmbH), teilweise über GeneralunternehmerInnen.

Am 18. Oktober 2019 wurde auf Antrag der A. GmbH ein provisorisches Bauhandwerkerpfandrecht von CHF 41'302.40 im Grundbuch eingetragen. Nach Klageeinreichung im Juli 2020 wurde die definitive Eintragung vom Bezirksgericht Lausanne im Juni 2022 gutgeheissen. Das Kantonsgericht Waadt wiederum hob diesen Entscheid am 5. Juni 2023 auf – mit der Begründung, der Nachweis rechtzeitiger Werkleistungen sei nicht erbracht worden, zudem fielen einzelne Arbeiten nicht unter Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB. Gegen diesen Entscheid erhob die A. GmbH daraufhin Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht beschränkt sich inhaltlich auf die zentrale Frage, ob die Frist gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB eingehalten worden war (E. 3).

Getrennte Fristen bei mehreren Aufträgen

Die definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts setzt voraus, dass die Eintragung spätestens vier Monate nach Abschluss der Arbeiten erfolgt ist (Art. 839 Abs. 2 ZGB). Diese Frist ist nicht verlängerbar und muss bei mehreren Werkverträgen grundsätzlich für jede Leistung separat berechnet werden – es sei denn, es liegt eine wirtschaftlich und tatsächlich einheitliche Gesamtleistung vor (E. 3.1).

Nach Auffassung der Vorinstanz konnte die A. GmbH jedoch nicht nachweisen, dass es sich bei den ausgeführten Arbeiten um eine einheitliche Bestellung handelte. Folglich sei die Verwirkungsfrist für jede Einzelleistung separat zu beurteilen. Diejenigen Arbeiten, die nach dem 18. Juni 2019 ausgeführt wurden, betrafen grösstenteils lediglich Abschluss- oder Fertigstellungsarbeiten – etwa das Anbringen von Schiebetürgriffen, einer Glastür oder der Wohnungseingangstür. Solche Leistungen fallen nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Bauhandwerkerpfandrechts (E. 3.2).

Keine relevanten Arbeiten innerhalb der Frist

Die Klägerin legte zur Fristwahrung einen Stundenrapport vor, wonach etwa die Wohnungstür am 24. Juni 2019 montiert worden sei – was genügt hätte. Das Kantonsgericht stellte jedoch fest, dass diese Angabe nicht verlässlich war. Zwei Mitarbeitende hatten unabhängig voneinander ausgesagt, die Tür sei bereits früher montiert worden. Auch E-Mails und ein Abnahmeprotokoll vom 29. Mai 2019 stützten diese Aussagen (E. 3.2.2).

Das Bundesgericht bestätigte die Einschätzung, dass die Klägerin keine strengen Beweise für einen Fristbeginn nach dem 18. Juni 2019 erbringen konnte.

Keine Beweislastumkehr (E. 3.3.2)

Das Argument der A. GmbH, wonach die Eigentümerin den verspäteten Eintrag hätte beweisen müssen, wies das Gericht zurück. Vielmehr obliege es dem Unternehmer, die Einhaltung der Frist substanziiert darzulegen und zu beweisen (E. 3.3.4). Interne, nicht datierte und nicht unterzeichnete Stundenrapporte genügen dabei nicht. Auch die WhatsApp-Nachrichten vom 23./24. Juni 2019, in denen von einem Türwechsel die Rede war, genügten nicht als Beleg. Selbst wenn ein Ersatz erfolgt sein sollte, sei nicht nachgewiesen, ob es sich um eine neue werkvertragliche Hauptleistung oder um eine Nachbesserung handelte (E. 3.3.4).

Fazit

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab (E. 4). Es bestätigte damit die strenge Praxis bei der Beweisführung zur Einhaltung der Frist für die definitive Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts. Unternehmer, die gestaffelte oder mehrfach beauftragte Arbeiten ausführen, müssen lückenlos dokumentieren, wann welche Leistungen erbracht wurden – und dabei klar darlegen, dass es sich um werkvertragliche Leistungen handelt, die unter den Anwendungsbereich von Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB fallen.

Abschlussarbeiten wie das Anbringen von Türgriffen oder das Nachziehen einer Schraube – insbesondere, wenn sie als Mängelbehebung oder freiwillig aufgeschobene Leistungen einzustufen sind – reichen nicht aus, um den Beginn des Fristenlaufs hinauszuzögern oder neu zu starten. Um die viermonatige Frist nach Art. 839 Abs. 2 ZGB zu wahren, ist es erforderlich, die rechtzeitige Ausführung relevanter Arbeiten mittels objektiv nachvollziehbarer Beweismittel konkret und schlüssig nachzuweisen.

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BGer 4A_121/2023 vom 29. November 2023 (zur Publikation vorgesehen): Anfechtung des Anfangsmietzinses