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  • AutorenbildSophie Bühlmann

BGer 4A_252/2023 vom 24.10.2023: Indexierter Mietzins, hypothekarischer Referenzzinssatz

Aktualisiert: 17. Jan.

Im vorliegenden Entscheid BGer 4A_252/2023 (zur Publikation vorgesehen) befasst sich das Bundesgericht mit der Anpassung des Mietzinses am Ende des indexierten Mietvertrags aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung des hypothekarischen Referenzzinssatzes.


Sachverhalt


Dem Entscheid lag folgender Sachverhalt zugrunde: B.B. und C.B. (Mieter, Beschwerdegegner) schlossen mit der A. AG (Vermieterin, Beschwerdeführerin) am 6. Februar 2015 einen Mietvertrag über eine 5.5-Zimmer-Attikawohnung mit Mietbeginn per 1. April 2015 ab. Die Parteien vereinbarten einen monatlichen Nettomietzins von CHF 3'500.- mit einer Indexklausel, wonach sich der Mietzins anhand des Landesindexes der Konsumentenpreise bestimmt. Weiter vereinbarten die Parteien eine Mindestmietdauer von fünf Jahren, d.h. bis am 31. März 2020. Der Mietvertrag war gemäss vertraglicher Vereinbarung auf Ende jedes Monats (ausser Dezember) unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist kündbar, frühestens jedoch auf den 31. März 2020 (Ablauf der fünfjährigen Mindestmietdauer).


Das Begehren der Mieter vom 2. Juni 2017 um Herabsetzung des Nettomietzinses aufgrund des zwischenzeitlich gesunkenen hypothekarischen Referenzzinssatzes lehnte die Vermieterin mit Verweis auf die im Mietvertrag vereinbarte Indexklausel ab. Am 4. März 2020 beantragten die Mieter – erneut unter Bezugnahme auf eine Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes – eine Mietzinsherabsetzung «auf den nächsten Kündigungstermin».


Die Mieter beantragten mit Eingabe vom 17. April 2020 bei der Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten des Kantons Basel-Landschaft eine Herabsetzung des Mietzinses auf das zulässige Mass, mindestens auf CHF 3'215.-, eventualiter auf CHF 3'402.-. Die Schlichtungsverhandlung blieb ohne Erfolg. Im Nachgang setzte die Vermieterin den Nettomietzins ab 1. Juli 2020 auf CHF 3'393.- herab.


Mit Entscheid vom 23. Juni 2022 hiess das Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West die Klage der Vermieterin um Abweisung des Begehrens der Mieter um Herabsetzung des Mietzinses gut und wies zugleich die Widerklage der Mieter auf eine Reduktion des Mietzinses ab 1. April 2020, eventualiter ab 1. Juli 2020 auf das zulässige Mass, aber mindestens auf CHF 3'215.-, ab. Im Dispositiv wurde festgehalten, dass die Vermieterin den Nettomietzins mit Wirkung ab 1. Juli 2020 auf CHF 3'393.- herabgesetzt hatte.


Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hiess die von den Mietern eingereichte Berufung mit Entscheid vom 7. März 2023 gut. Der vorinstanzliche Entscheid wurde aufgehoben, die Klage abgewiesen und das Widerklagebegehren um Herabsetzung des monatlichen Nettomietzinses auf CHF 3'215.- per 1. Juli 2020 gutgeheissen.


Die Vermieterin führte gegen diesen Entscheid Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht und beantragte die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids, die Abweisung der Berufung der Mieter und die Bestätigung des Entscheids des Zivilkreisgerichts Basel-Landschaft.


Erwägungen des Bundesgerichts


Strittig war der massgebliche Zeitpunkt für die Bemessung von Hypothekarzinsänderungen für die Zeit nach Ablauf der Indexdauer.


Die Vereinbarung der Parteien, dass der Mietzins einem Index folgt, setzt voraus, dass erstens die Dauer des Mietvertrages mindestens fünf Jahre beträgt und zweitens, es sich beim vorgesehenen Index um den Landesindex der Konsumentenpreise handelt (Art. 269b OR, Art. 17 VMWG). Während der Indexdauer bestimmt sich der Mietzins – vorbehältlich einer Anfechtung des Anfangsmietzinses – ausschliesslich anhand dieses Indexes, oder in anderen Worten: Hypothekarzinsänderungen haben keine Anpassungen des Mietzinses zur Folge (E. 3.1).


Eine Änderung des Mietzinses kann von beiden Parteien erst auf Ende der Indexdauer begehrt werden. Die Anpassung des Mietzinses berechnet sich ausschliesslich nach der relativen Methode (BGE 147 III 32 E. 3.4.1 und 3.5), in dessen Rahmen eine Angleichung an zwischenzeitliche Entwicklungen des hypothekarischen Referenzzinssatzes möglich ist (E. 3.2).


Das Bundesgericht hält in E. 3.5 fest, dass Parteien eines indexierten Mietverhältnisses Begehren um Mietzinsänderungen, auch solche gestützt auf Änderungen des hypothekarischen Referenzzinssatzes, unter Einhaltung der Kündigungsfrist auf das Ende der Indexdauer geltend machen müssen. Wird keine Änderung des Mietzinses beantragt, ist diese in der Folge verwirkt, da davon ausgegangen wird, die Parteien seien mit dem momentan geltenden Mietzins einverstanden. Spätere Anpassungen gestützt auf vorherige Umstände können deshalb nicht mehr geltend gemacht werden. Zukünftige Mietzinsanpassungen orientieren sich am Kostenstand und dem hypothekarischen Referenzzinssatz im Zeitpunkt, «in dem die Parteien das Mietverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist auf Ablauf der Indexdauer hätten kündigen und damit eine Mietzinsänderung nach der relativen Methode hätten begehren können» (E. 3.5).


Auf den vorliegenden Fall angewendet hielt das Bundesgericht fest, dass die Parteien das Mietverhältnis über die vereinbarte Mindestdauer von fünf Jahren hinaus als unbefristetes Mietverhältnis ohne Indexierung fortgesetzt hätten.


Da die Beschwerdegegner die Mietzinskorrektur nicht auf das Ende der Indexdauer (31. März 2020), sondern erst per 1. Juli 2020 forderten, bemisst sich die Mietzinsanpassung anhand des hypothekarischen Referenzzinssatzes, welcher im Zeitpunkt, in dem die Beschwerdegegner das Mietverhältnis fristgerecht hätten kündigen und eine Mietzinsanpassung geltend machen können – nämlich Dezember 2019.  Die Beschwerdeführerin hatte den Mietzins denn auch entsprechend herabgesetzt; für eine weitergehende Mietzinssenkung fehlte jedoch die gesetzliche Grundlage (E. 3.6).

 

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